Prof. Dr. Florian Heinen, LMU Klinikum, Dr. von Haunersches Kinderspital, Kinderneurologie

Florian Heinen arbeitet seit über 20 Jahren am LMU Klinikum, im Dr. von Haunerschen Kinderspital als der verantwortliche Kinderneurologe und Sozialpädiater. Er ist begeisterter Münchner, genauer gesagt begeisterter Schwabinger und freut sich deshalb umso mehr, den Kongress der Europäischen Gesellschaft für Pädiatrische Neurologie (EPNS – European Paediatric Neurology Society) in seiner Wahlheimat begrüßen zu dürfen. Im Interview geht er auf die Bedeutung und die positiven Auswirkungen für den Kongress am Standort München ein.

Welche spezifischen Eigenschaften Münchens haben Ihrer Meinung nach den Ausschlag gegeben, um es als Standort für den EPNS Kongress zu machen?

Man kann sich nur dann erfolgreich gegenüber den starken europäischen Mitbewerbern durchsetzen, wenn – wie beim Landeanflug eines Flugzeuges – alles stimmt: Die Zeit, die Geschwindigkeit, der Neigungswinkel und die Länge der Landebahn.
Genau in diesem "alles beinand" ist München besonders stark: weltstädtisch und doch familiär, großzügig und doch überschaubar, nah zu den Alpen und doch vor allem städtisch-kulturstark; das charmante Ganze mit "Weite und Toleranz". Die vielen weltoffenen, freundlichen und dabei in ihrer Herkunft so unterschiedlichen Menschen können Sie bei jeder U-Bahn-Fahrt erleben.

Inwiefern ist das ICM – International Congress Center Messe München für Medizinkongresse besonders geeignet?

Das ICM ist deshalb besonders geeignet, weil es ein großzügiges Areal – innen wie außen – bietet, weil es eine hochwertige Architektur hat und weil es im Gesamtensemble mit seiner Umgebung einen fokussierten Campus-Charakter bietet, besser geht es nicht.

Inwiefern glauben Sie, wird der Kongress die neurologische Fachgemeinschaft und die Forschung im Bereich der Kinderneurologie voranbringen?

Man könnte denken, dass in einer globalen, digitalen Welt – auch in der Welt der Kinderneurologie – ein Kongress "mit Anwesenheit" eher an Bedeutung verliert, aber das Gegenteil ist der Fall: Der persönliche Kontakt, der persönlichen Austausch, sowohl unter Kolleginnen und Kollegen als auch zur Industrie ist ein Innovation-generierender Marktplatz. In München würde man sagen, ein "Viktualienmarkt der neuen Ideen" von dem wir als Fachgesellschaft viele Impulse aufnehmen können.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Ausrichtung eines internationalen Kongresses wie dem EPNS in München, und wie planen Sie, diese zu bewältigen?

Die Herausforderung ist, dass inhaltlich und organisatorisch "jedes Detail stimmt", da sind wir anspruchsvoll. Es ist also nötig, dass ICM, die Hotels, die Münchner Verkehrsbetriebe und die Exzellenz und Anziehungskraft der internationalen Referenten an jeder Stelle zusammenpassen. Ein solches Zusammen-Passen ist natürlich nur mit einer erfahrenen Kongressorganisation wie Intercongress möglich. Da wir Kinderneurologen aber schon vor 25 Jahren Kongresse mit Intercongress auf den Weg bringen durften und zur European Paediatric Neurology Society eine langjährige, erfolgreiche Partnerschaft besteht, haben wir hier beste Voraussetzungen.

Der Beitrag in den Sternstunden hat gezeigt, dass es nur sehr wenige Spezialisten in Deutschland zum Thema Kinder-Neurologie gibt. Wie möchten Sie dies ändern und welchen Ratschlag können Sie angehenden Medizinern mitgeben, sich in diesem Bereich zu spezialisieren?

Ja, wir wollen auch insgesamt die Kinderneurologie als Fach stärken, weil es bei sehr, sehr hohem Bedarf hier viel zu wenige und strukturell nicht ausreichend ausgestattete Spezialisten für Kinder und Jugendliche gibt. Wir vertrauen mit dem Kongress auf ein "Stärke generiert Stärke".
Die Wirkung eines Kongresses auf die Attraktivität des Faches Kinderneurologie ist nicht zu unterschätzen. Konkret versuchen wir, die Faszination weiterzugeben, die sich aus der Verbindung von dem Gehirn – dem komplexesten Organ des Menschen – und dem Kind – dem wunderbarsten Geschöpf des Menschen – speist. Wir wissen von uns selbst, dass sich diese Faszination auch über Jahrzehnte engagierten beruflichen Lebens nicht mindert, im Gegenteil. Wir wollen also konkret der jungen ärztlichen Generation Mut machen: nehmt euch das faszinierendste Fach der Pädiatrie – die Kinderneurologie – und macht was daraus.

Wie wird beim EPNS Kongress 2025 auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung geachtet? Inwiefern fließen diese Aspekte in die Planung und Durchführung des Kongresses ein?

Ein wichtiger Punkt: Das öffentliche Verkehrssystem in München kann zeigen, wie es beispielhaft funktionieren kann und dass damit ein wesentlicher Beitrag zu Nachhaltigkeit geleistet werden kann. Auch in den Aspekten von Versorgung, Verpflegung und Umgang mit Ressourcen wollen wir ein vorbildlicher Kongress sein. Soziale Verantwortung des Kongresses sehen wir ganz bewusst als Weltoffenheit, Höflichkeit und Toleranz für alle kommenden Kulturen. Eine gastfreundliche, entspannt-großzügige Zugewandtheit ist in unseren Augen bereits Charakteristikum von München – nehmen sie da gerne konkret den Englischen Garten und das Zusammenkommen und Verweilen in einem bayerischen Biergarten. Ganz nach dem München-Motto: "Mensch sein".

Gibt es ein spezielles Thema oder eine Keynote, auf die Sie sich besonders freuen? Was erhoffen Sie sich persönlich von der Veranstaltung?

Ein Thema oder eine Keynote herauszunehmen wäre natürlich unfair, trotzdem folge ich Ihrer Einladung und nenne drei persönliche Höhepunkte: Ich freue mich auf Marc Hallet als führendem Neurologen vom NIH (National Institute of Health) in den USA, dem "Nestor" und "elder statesman" klinischer und wissenschaftlicher Neurologie. Er wird über funktionelle neurologische Störungen sprechen, ein Thema, was ihn schon über sein ganzes Leben begleitet. Ich freue mich auf die gut vernetzten Systemphysiologinnen aus London und Paris, wenn Sie uns das Gehirn der Neugeborenen besser verstehen lassen und ich freue mich ebenso auf die innovativen Impulse zu den Themen "Schlaganfall im Kindesalter" und zu "Migräne". Sie verzeihen mir, dass ich nun doch 4 Themen hereingeschmuggelt habe, meiner eigenen Motivation entsprechend könnten es auch über 40 sein. Ganz persönlich erhoffe ich mir – nach nun weit über 30 Jahren Kinderneurologie – dass wir das Fach an die Pole Position für die Medizin der Zukunft bringen.